5.06.2004
Dipl. Ing. Tanja Marquard-Möllenstedt (ZSW):
 

„Umstellung auf  regenerative Kraftstoffe prinzipiell möglich“

Einmal mehr konnte „Solar mobil Heidenheim“ eine Referentin vom Zentrum für Solar- und Wasserstoffforschung (ZSW) gewinnen. Diesmal ging es um die Frage, ob Wasserstoff ein Energieträger einer zukünftigen Energieversorgung sein kann.

 

Tanja Marquard-Möllenstedt bejahte dies, schränkte allerdings ein: „ Es ist nicht sinnvoll, sich ganz auf reinen Wasserstoff zu beschränken.“ Alkohole (Ethanol und Methanol), Pflanzenöle (Biodiesel), synthetisch hergestellte Kohlenwasserstoffe und Methan (Erdgasersatz) würden bei einer regenerativen Kraftstoffversorgung zukünftig ebenfalls eine Rolle spielen. Derzeit würden im Verkehrsbereich mehr als 98 Prozent fossile Kraftstoffe eingesetzt. Grundsätzlich hielt die Referentin die Umstellung auf regenerativen Kraftstoff für möglich. Dabei müssen aber hohe Effizienz und Energie sparende Fahrzeuge angestrebt werden, sagte sie. Betrachtet wurde nur der Verkehrssektor, der mit über 20 Prozent an den CO2-Emissionen beteiligt ist.

„Im Prinzip ist Wasserstoff ein toller Energieträger“, so die Referentin. Man könne ihn effizient und CO2-neutral direkt in Strom umwandeln oder in Motoren verbrennen. Wasserstoff sei jedoch kein Bodenschatz. Er komme zwar in chemisch gebundener Form massenhaft vor, müsse aber als „technische Chemikalie“ erst hergestellt werden. Dies könne man mit Hilfe von regenerativem Strom aus Wasser über die Elektrolyse. Dies sei teuer und keinesfalls konkurrenzfähig zu großtechnischen Verfahren. Außerdem sei Wasserstoff hoch flüchtig und nur sehr aufwändig zu speichern, weshalb Marquard-Möllenstedt seine chemische Speicherung im Form von Methanol als den gangbarsten Weg bezeichnete. In diesem Fall müsste jedes Auto eine kleine Chemiefabrik mit sich führen, um der Brennstoffzelle reinen Wasserstoff zuführen zu können. Für Methanol spreche auch der hohe Energieinhalt im Verhältnis von Masse und Volumen, der dem Benzin nahe kommt. Beim Mitführen von flüssigem Wasserstoff brauche man dagegen fünf Mal so große Tanks wie bei Benzin, bei gasförmigem Wasserstoff sogar 15 Mal größere.

Die ZSW-Forscherin erklärte, der Anteil von regenerativen Kraftstoffen müsse zunehmen. Die Europäische Kommission habe sich zwei Prozent bis zum Jahre 2005 als Ziel gesetzt, was allein mit Biodiesel erreicht werden soll. Verdoppelt werden soll der Anteil des regenerativen Kraftstoffs bis 2010 zusätzlich mit Ethanol und Methanol. Erst ab 2020 ist nach diesem Szenario ein nennenswerter Beitrag in Form von Wasserstoff vorgesehen. „Die Einführung von Autos mit Brennstoffzellentechnik hat sich stark verzögert. Man rechnet erst in 10 bis 20 Jahren damit,“ so Marquard-Möllenstedt. Die regenerativen Kraftstoffe sollen größtenteils von der Landwirtschaft produziert werden. Die Referentin konnte zeigen, dass der Flächenertrag bei Raps oder anderen Ölpflanzen zur Biodieselherstellung vergleichsweise gering ist. Miscantus, eine Grasart, werfe dagegen fast fünfmal soviel Energie in Form von Wasserstoff ab. Die Referentin erläuterte auch die Umwandlungspfade von Biomasse zu den verschiedenen regenerativen Kraftstoffen. Wichtig für die Durchsetzung dieser sei es, die Kosten zu reduzieren und die Ausbeute zu erhöhen. Dabei spiele auch eine Rolle, ob die heutigen Infrastrukturen genutzt werden können oder ganz neue aufgebaut werden müssen. Klar liegen für die Referentin die Vorteile der neuen Kraftstoffe auf der Hand: neben der CO2-Neutralität verschaffen sie größere politische Unabhängigkeit und sichern Arbeitsplätze in der Landwirtschaft.