19.05.2020

Testbericht Opel Corsa-e

k 01 Corsa e Teaser 2000 0321 192902 004Solar mobil Heidenheim e.V. hatte die Gelegenheit einen der ersten vollelektrischen Opel Corsa-e im Landkreis zur Probe zu fahren. Das Fahrzeug wurde uns von Autohaus Rudhart in Heidenheim für 2 Tage zur Verfügung gestellt. In dieser Zeit haben mehrere Mitglieder den Corsa-e ausgiebig getestet. Welche Aspekte wir betrachtet haben und zu welchem Urteil wir gekommen sind, ist in folgendem Beitrag zu nachzulesen.

Werner Glatzle:

Der Corsa-e ist ein Kleinwagen mit batterieelektrischem Frontantrieb, der sich auf der Straße gutmütig und spurtreu fährt, flott anfährt - typisch für elektrische Antriebe - und einem Umsteiger kaum Anpassungsprobleme bereiten dürfte. Die Bedienung ist ähnlich der eines herkömmlichen Automatikfahrzeugs. Man steigt bequem ein und aus und fährt ein kompaktes und übersichtliches Auto.

Auf der Autobahn regelt die Elektronik bei 152 km/h zurück, aber das ist für einen Kleinwagen auch wirklich reichlich schnell. Dabei liegt dann auch der Verbrauch bei über 30 kWh/100 km, was hauptsächlich dem Windwiderstand zuzuschreiben ist. Im Land-Stadt-Mix kommt man auf Verbräuche zwischen 15 und 20 kWh/100 km.
Im Stadtverkehr fühlt sich der elektrische Corsa sehr dynamisch an, beim Ampelstart wie auch bei Kurverfahrten. Das hängt auch mit dem tief liegenden Schwerpunkt zusammen, der der Batterie im Wagenboden zuzuscheiben ist. Bei Landstraßenfahrten überzeugt die zügige Beschleunigung bei Überholvorgängen ebenso wie das entspannte und geräuscharme Gleiten durch die Landschaft.

In allen Fahrsituationen freuen sich die Insassen über das deutlich geringere Geräuschniveau im Fahrzeug. So ein ruhiges Dahingleiten war mit Verbrennerfahrzeugen bisher den oberen Fahrzeugklassen vorbehalten, ein klarer Pluspunkt für den elektrischen Antrieb im Kleinfahrzeug. Einzig ein leichtes singendes Geräusch aus dem Antrieb in einem mittleren Drehzahlbereich störte den Frieden geringfügig. Ansonsten aber hören die Insassen außer Reifen- und Windgeräuschen nicht viel. Erfreulich auch, dass die Karosserie nicht hörbar rappelt. Man kann sich deutlich entspannter unterhalten oder endlich mal Musik in normaler Lautstärke hören.

Im Vergleich zu anderen E-Fahrzeugen, wie dem Nissan Leaf fiel auf, dass die elektrische Rückspeise-Bremsung beim Corsa selbst im Ecomodus (Schaltstellung "B") nur mäßig wirkte. Es war nicht möglich, in dem Umfang wie das Nissan und Tesla umsetzen, mit dem Corsa im "Ein-Pedal-Modus" zu fahren, die Fußbremse war öfter erforderlich als bei der Konkurrenz. Das sollte Opel mit einem Software-Update nachbessern.

Die Wechselstrom-Ladetechnik ist einphasig auf max. 7,4 kW Leistung ausgelegt. In der Praxis ist das aber dann kein Problem, wenn eine Steckdose für 16 A Stromstärke in der Garage vorhanden ist. Der 50 kWh-Akku bekommt damit in 10 Stunden über Nacht fast 3/4 seiner Kapazität voll, was danach wieder für über 220 km Fahrt reicht. Für Schnellladung mit dem eingebauten CCS-Anschluss reichen etwa 35 Minuten (80% der Kapazität). An Schnellladern entspricht das einer entspannten Pause mit Vesper und Zeitung.

Wer den Corsa mit dem Model ZOE von Renault vergleicht, wird sich über den relativ hohen Listenpreis von knapp 30.000 € für das Basismodell wundern. Renault bietet den ZOE günstiger an und hat ihm etwas mehr Kofferraum spendiert. Zwar geht davon die E-Auto-Prämie von derzeit 6.000 € vom Preis ab, aber Opel wird sich schon überlegen müssen, ob dieser Preis marktgerecht ist, spätestens dann, wenn von VW und Anderen noch mehr Kleinwagen-Konkurrenzmodelle mit Stromantrieb in den Markt kommen.

k 04 Corsa e schrg hinten20200519 120529 k 02 Corsa e Seite 20200519 120442

k 03 Corsa e vorne 20200519 120504

 

Wolfgang Eber:

Ich fahre ja einen Opel-Ampera ... und bin mit dem sehr zufrieden.
Aber ich muss sagen, der Corsa-e hat mir richtig Spass gemacht.
Er ist sehr handlich, handlicher als der Ampera, und gefühlt sehr spritzig, wie der Ampera. Die Übersicht vom Fahrersitz aus ist deutlich besser, beim Ampera ist viel öfter die A-Säule bei Linkskurven sichtbehindernd im Weg.
Ich fand den Corsa innen geräumig genug, wobei natürlich der Ampera mehr Platz bietet. Das gilt auch für den Kofferraum. Wäre aber unfair, das zu vergleichen.
Ich könnte mir jedenfalls vorstellen, so ein Auto zu kaufen, wenn mein Ampera mal den Geist aufgibt.
Gut finde ich die mögliche Reichweite und auch, dass der Corsa schnellladefähig ist. Vorraussetzung, auch mal einen Ausflug an die Ostseeküste zu machen.

Markus Müller:

Erster Eindruck; ähnlich handlich wie die Zoe von Renault, unser Familienfahrzeug für Fünf. Ähnliche Außenabmessungen, aber niedriger. Er hat eine deutlich "sattere" Straßenlage und ist spritziger als unsere Zoe (Q90).

Das Außengeräusch für Fußgänger ist angenehm, nicht aufdringlich, aber deutlich hörbar.

 

Von der Höhe her ist der Corsa-e ca. 12 cm niedriger als die Zoe. Man sitzt dadurch tiefer, das Einsteigen ist im Vergleich ungewohnt niedrig und gefühlt etwas enger. Vom Innenraum ca. gleich groß, der Abstand zum Dach etwas weniger. Meine 178 cm sitzen hinten (hinter meinem eingestellten Vordersitz) gerade noch bequem, größer sollte man nicht sein. Dafür ist auf der Rückbank in der Breite ca. 3-5 cm mehr Platz als in der Zoe. Ob 2 Kindersitze UND ein dritter Mitfahrer Platz haben, konnten wir mangels Kindersitzen nicht testen (wir haben nur noch Einen). Die USB-Anschlüsse wurden von den beiden Kindern auf jeden Fall positiv angemerkt.

Der Innenraum des Corsa-e ist zweckmäßig, schlicht, funktionell. Keine herausragenden Features, keine besonders hochwertigen Materialien (was man hier auch nicht erwartet), aber solide und alltagstauglich gemacht.
Wir haben in der Kürze nicht alles testen können, uns aber gleich zurechtgefunden.

Alltagstest Einkaufen: 1 Klappbox, 1 Wasserkasten und 2 Saftkisten gehen ohne groß zu puzzlen rein. Allerdings in der Zoe knapp 1 Saftkiste mehr.

k 05 Corsa e Kofferraum DSC05975 Kopie k 06 20200519 140306 Kofferraum Corsa e k 07 20200519 140125 Kofferraum Zoe

 

Insgesamt ist der Kofferraum im Corsa-e in der Länge etwas kleiner, in der Höhe deutlich kleiner (durch die niedrigere Fahrzeughöhe und wahrscheinlich Akku). Die Klappe ist angenehm groß, die Rückenlehne 60/40 umlegbar (das ging in der Zoe bisher nicht, erst im neuen Modell).

Ein kleiner Minuspunkt: Bei Mittagssonne ist das zentrale Display des Corsa-e durch das randlose Design und die starke Neigung schnell geblendet und schlecht ablesbar... Das ist in der Zoe besser, da das Display hier senkrechter und einen deutlichen Rand hat.

Die Fahrdynamik des Corsa-e ist definitiv besser, spritziger als die Zoe. Ampelstarts machen damit noch mehr Spaß ;-)

Alles in Allem ist der Opel Corsa-e ein ordentlich gelungenes Elektroauto.
Gut gemacht von Opel. Sicher eine Konkurrenz zur Zoe. Wir bleiben aber trotzdem bei der Zoe, da für uns 5 das Mehr an Platz entscheidend ist.

Aber für junge Leute, kleine Familien scheint er ideal. Nicht üppig, aber hierfür hinreichend Platz. Vor Allem eine vernünftige Größe für ein Auto und nicht ein weiterer SUV. Auch ein cooles Design.
Alltagstauglich und trotzdem ist der Fahrspass garantiert...

Conrad Rössel:

Der Corsa-E ist ein neu entwickeltes Fahrzeug und dementsprechend darf man die Latte nicht zu niedrig legen - aber der Corsa springt drüber!
Das Fahren ist in jeder Hinsicht angenehm und hat schon eine leicht sportliche Note, wozu natürlich der starke Antrieb - 100 kW / 136 PS - beiträgt, der eine Beschleunigung 0 - 100 km/h von rund 8 s ermöglicht.

 

Verbrauch 13 bis 15 kWh (ab Batterie) und Reichweite erscheinen günstig, allerdings sind aktuell die Bedingungen alleine von der Temperatur her auch optimal.
Auf der Autobahn steigt der Verbrauch wie gewohnt stark an, das ist das Dilemma der kleineren Autos, bedingt durch die Formgebung kann der Luftwiderstand nicht wirklich gut werden.
Sitze / Sitzposition sind für mich angenehm, im Verbund mit schnellem Gleichstromladen über den CCS-Anschluss sind auch Langstrecken kein Problem.
Das einphasige Laden mit bis 7,4 kW ist in der Praxis etwas unglücklich, das kann man selten vorteilhaft nutzen, daheim gibt's die entsprechende Installation selten.
2-phasig 7,4 kW wäre vorteilhaft - das 3-phasige Laden kostet 1150 Euro Aufpreis, das ist nicht schön - der kommerzielle Hintergrund ist mir als ehemaligem Entwicklungsingenieur in der Automobilindustrie freilich sehr klar ... .

k 09 Corsa e Motorraum DSC05973 Kopie k 10 Corsa e Rclsitzbank DSC05976 Kopie

 

Was fiel mir noch auf:

  • stärkere Rekuperation über das Fahrpedal wäre wünschenswert - "Ein-Pedal-Fahren" ist in der Praxis einfach sehr angenehm
  • der Übergang auf die Reibungbremse mit dem Bremspedal kam mir ab und an etwas giftig vor - die Kriech - Geschwindigkeit ohne Fahrpedal - Betätigung ist mir schon fast etwas zu forsch. - Aber das ist eine Frage der Gewöhnung.
  • Sitz und Sitzposition für mich gut
  • Matrix - Fernlicht gut
  • die Spur - Haltewarnung im Fahrer - Display sollte groß mittig auftauchen und nicht klein links oben, so verwirrt sie eher als dass sie hilft
  • auf der Autobahn bei ca. 130 - 135 km/h etwas laute Windgeräusche von der B-Säule
  • der Innenspiegel ist zu niedrig angebracht, er ist voll im Sichtfeld und stört da, wiewohl die Frontscheibe insgesamt etwas weiter nach oben gezogen sein könnte.
  • ansonsten gute Sichtverhältnisse und Übersichtlichkeit

In Summe: ganz klare Empfehlung!!!

Der Preis für die "besseren" Versionen von über 30.000.- erscheint etwas hoch, aber neben der Förderprämie von 6.000.- gibt es mitunter noch Promotion - Aktionen der Autohäuser, bei konkretem Interesse unbedingt vor Ort nachfragen!