16.04.2002
Erwin Schweizer:
 

Bürgerwindräder sind wirtschaftlicher

(hmh) „Windkraftanlagen sind nur verantwortlich machbar mit Zustimmung der Bürger“. Mit diesen Worten kritisierte Erwin Schweizer in seinem Vortrag bei Solar Mobil Heidenheim das Verfahren des Regionalverbands zur Ausweisung von Vorranggebieten für die Windenergie in Ostwürttemberg.  Zum einen sei die der Auswahl der Gebiete zugrunde gelegte Windkarte zu ungenau. „Seriös sind Aussagen über die Windhöffigkeit nur, wenn direkt am Standort gemessen wird“ so der Referent wörtlich. Zum andern sollte unter Beteiligung der Bürger vor Ort eine Windkraftanlage um die andere, nicht gleich zehn auf einmal, gebaut werden. Schweizer führt selbst Windmessungen durch und kann auf Erfahrung als Projektierer und Geschäftsführer der Windkraftanlage in Oberriffingen verweisen, wo zur Zeit eine zweite Anlage im Entstehen ist.

Anhand eines Zahlenvergleichs legte Schweizer Posten für Posten dar, wo die Kostenunterschiede zwischen einem sogenannten Bürgerwindrad, in diesem Fall der Oberriffinger „Enercon 40“  und von professionellen Betreibern erstellten Windrädern herrühren. Er legte hierfür den Mittelwert von drei vergleichbaren Anlagen zugrunde. Durch preisgünstige Windmessung, Projektierung und Erschließung wurden gegenüber der „professionellen“ Anlage Investitionskosten von über 125.000 Euro eingespart. Sie kommen durch einen beträchtlichen Teil an Eigenleistungen zustande.  Hinzu kommen noch jährliche Einsparungen bei der Pacht und der Geschäftsführung. „Die von „Professionellen“ gezahlten Pachten von über 5.000 Euro machen die Wirtschaftlichkeit kaputt,“ so Schweizers Urteil. Ferner hätten 18 Ortsansässige 50 Prozent des Kapitals gegenüber sonst üblichen 30 Prozent aufgebracht, wodurch eine niedrigere Fremdfinanzierung möglich sei. Schließlich sei die Auswahl der Maschine hinsichtlich ihres Ertrags von großer Wichtigkeit. So bringe die „Enercon 40“ mit 600 Kilowatt fast so viel wie die „Micon“ mit 750 Kilowatt. Somit seien die Anschaffungskosten im Verhältnis zum Ertrag günstig. Alles zusammen ergebe niedrigere Investitions- und  Jahresaufwendungen. Das Ergebnis sei ein Kapitalrückfluss von knapp 10 Prozent. Abzüglich der Wertminderung im Laufe der Jahre blieben bei der Oberriffinger Anlage knapp sechs Prozent Rendite gegenüber knapp über zwei Prozent bei den Vergleichsanlagen.

Das jetzt vom Regionalverband eingeschlagene Verfahren bewege Großverdiener dazu, in die entstehenden Anlagen zu investieren. Sie betrachteten Windkraftanlagen als Abschreibungsobjekte, wobei sie an der Wirtschaftlichkeit der Anlagen weniger interessiert sind. „Solche Abschreibungsmodelle bringen die Windkraft in Verruf“, sagte Schweizer. Bei der zweiten Oberriffinger Anlage seien unter den Investoren sieben Landwirte. Dies ermögliche diesem Berufszweig angesichts der immer schwieriger werdenden Wettbewerbssituation ein dringend benötigtes zusätzliches Einkommen. Weiterer Vorteil laut Referent: die Wertschöpfung geschieht vor Ort. Kein Kapital fließt ab.

Der Windexperte empfahl trotz des Beschlusses des Regionalverbands, sorgfältig nach guten Standorten Ausschau zu halten und Windmessungen machen zu lassen. Auch Windkraftanlagen von höchstens 50 Meter Nabenhöhe,  wie jetzt vom Regionalverband für Gebiete außerhalb der Windvorrangflächen vorgeschrieben, könnten wirtschaftlich sein, wenn man eine günstige „Mühle“ angeboten bekomme.

Zum Vortrag hatte der Vorsitzende Kurt Haffner eine nach eigenem Bekunden unerwartet große Anzahl von Interessenten begrüßen können und dementsprechend entspann sich im Anschluss an den Vortrag eine lebhafte Diskussion.