2.11.2002
Kurt Haffner:

Region Hegau macht ernst mit Energiewende

(hmh) Kann eine Region in absehbarer Zeit auf  die Erneuerbaren Energien (EE) umsteigen? Mit dieser Frage beschäftigte sich Kurt Haffner beim jüngsten Vortragsabend von Solar Mobil Heidenheim. Als Grundlage für die Beurteilung diente ihm die „Potenzialstudie: Erneuerbare Energien in der Region Hegau“ (www.solarcomplex.de), die die Firma „Solarcomplex GmbH“ kürzlich erstellte.

Solarcomplex entstand in der Folge eines Workshops, der von Architekten und Künstlern im Jahr 2000 in Singen initiiert wurde, nachdem die Forderung „nach einer konkreten Utopie“ im Raum stand. Zwanzig Gesellschafter hielten diese Frage für wichtig genug, dass sie eigens diese Firma gründeten; heute sind es über fünfzig. Solarcomplex will zur Meinungsbildung beitragen, EE-Anlagen erstellen, Einsparcontracting betreiben, Beteiligungsmöglichkeiten ab 500 Euro anbieten und letztlich die Energieversorgung in Bürgerhand bringen. 

Zunächst erstellte Solarcomplex die Potenzialstudie, zu der renommierte Wissenschaftler wie Hartmut Grassel (Klimaforscher), Peter Hennike (Präsident des Wuppertal Instituts) und Rolf Kreibich (Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung) hinzugezogen wurden. Ziel war eine Projektion auf das Jahr 2030. Haffner stellte die Beiträge der einzelnen EE-Sparten dar und verglich sie mit dem Bedarf im Jahr 2000. Demnach bestand in der betreffenden Region ein Bedarf von 1,5 Milliarden Kilowattstunden Strom und 3,7 Milliarden Kilowattstunden an Wärme. Der Studie zufolge könnten im Jahr 2030 mit Fotovoltaik 135, mit Wasserkraft 35, mit Windkraft 140, mit Biomasse 33 und mit der Geothermie (Dampfkraftwerke) 200 Millionen Kilowatt Strom erzeugt werden. An Wärmeenergie könnten gewonnen werden: 500 Millionen Kilowattstunden aus der Solarthermie (Solarkollektoren), 185 aus Biomasse-Verfeuerung (Holz), 50 aus Biomasse mittels Blockheizkraftwerken, 65 aus Biomasse in Form von schnell wachsenden Energiepflanzen und 830 aus der Geothermie. So stünde dem derzeitigen Bedarf in rund 30 Jahren eine EE-Erzeugung von 543 Millionen Kilowattstunden Strom und 1,6 Milliarden Kilowattstunden Wärme gegenüber.

Haffner machte deutlich, dass der Studie zufolge in der Region Hegau Energieeinsparungen um den Faktor 2 bis 3 bis 2030 notwendig wären, um zu 100 Prozent auf EE umstellen zu können. Dies hielt er für machbar. Er sagte, eine Energie-Effizienzverbesserung von 2 bis 3 Prozent pro Jahr würde in 30 Jahren den Verbrauch halbieren. Dabei verwies er auf das Energieeinsparpotenzial eines Passivhauses gegenüber konventionell gebauten Häusern (rund Faktor 15). Auf der anderen Seite sei die Energiewende ohne die Nutzung der Geothermie nicht zu schaffen.

Der Referent betonte, dass die Energiewende eine Reihe von Gefahren abwende: die wirtschaftspolitische Gefahr, die friedenspolitische Gefahr und die klimatische Gefahr. So verhindere die zielstrebige Umsetzung der Energiewende langfristige wirtschaftliche Stagnation und führe zu einer wirtschaftlichen Belebung. Sie vermeide, dass um die letzten fossil-atomaren Reserven Kriege geführt werden müssten und sie wende gleichzeitig die klimatische Gefahr ab. Kurt Haffner schloss sein Referat mit den Worten „Wer macht die Potenzialstudie für die Region Ostalb?“

Für die Zuhörer stand die Frage der Übertragbarkeit in der anschließenden Diskussion im Mittelpunkt sowie strategische Überlegungen bezüglich der Umsetzung in der Region Ostalb. Solar Mobil Heidenheim will das Thema im Auge behalten, so der einhellige Tenor.