10.05.2000
Erwin Raible:

Windkraft auch auf der Ostalb nicht aufzuhalten

Baden-Württemberg und Bayern hätten zwar wegen der Abschirmung durch die Vogesen und den Schwarzwald das schlechteste Windangebot Deutschlands. „Doch die Windkraft wird auch auf der Ostalb keiner aufhalten. Die Frage ist, passiert der Ausbau in fünf oder in zehn Jahren“. Dieser Meinung ist Erwin Raible, der bei „Solar Mobil Heidenheim“ zum Thema „ Windkraft auf der Ostalb“ referierte. Raible, der seinen Ingenieurberuf bei Daimler-Chrysler zugunsten der Windkraft an den Nagel gehängt hat, ist Besitzer von vier Windkraftanlagen und Vertreter eines Windkraftanlagenherstellers.

Man schätze die Grenze der Windkraft in Baden-Württemberg auf 5000 Anlagen. Damit würde sie zwischen fünf und zehn Prozent des Bedarfs decken. Mittelfristig werden es aber laut Referent nur etwa 1700 Anlagen (bisher 60) sein. Windkraftanlagen seien auch auf der Ostalb bei einer Amortisationszeit von 12 bis 14 Jahren (gegenüber zehn Jahren an Küstenstandorten) wirtschaftlich realisierbar sei. Man könne ein Roheinkommen von 1,5 bis 2 Pfennigen für jede erzeugte Kilowattstunde erwarten.

Dieses Jahr, davon geht Raible aus, wird sich in Baden-Württemberg nicht zuletzt wegen des neuen „Erneuerbaren Energie Gesetzes“ einiges tun. Zahlreiche Anlagen seien in der Endphase der Planung. Die Anlagen, die inzwischen Hightech-Produkte seien, würden immer leistungsfähiger und günstiger infolge der Kostendegression. Doch die Obergrenze der Leistung sei bald erreicht, da die Höhe solcher Anlagen und der Rotordurchmesser wegen den Grenzen der Transportierbarkeit nicht beliebig vergrößert werden könne. Die größten Anlagen bringen es heute auf eine Nabenhöhe von 120 und einen Rotordurchmesser von 80 Metern. Sie entwickeln eine Leistung von 1,5 bis 2 Megawatt. Grundsätzlich bringe gerade im Binnenland eine möglichst hohe Anlage die beste Ausbeute. Aber die Realisierbarkeit hänge von vielen Faktoren eines Standorts ab.

Ganz wichtig dabei sei die Netzanbindung, für die etwa 16 Prozent der Anlagenkosten aufzubringen sei. Beispielsweise reduziere eine schlechte Netzleistung die Ausbaumöglichkeit am Standort Gnannenweiler erheblich. Erst wenn die Windkraft in der Nähe dieses Standorts weiter ausgebaut würde, lohne sich der Neubau eines stärkeren Netzes. 

Zur Zeit sei die Windkraft die wirtschaftlichste Form der erneuerbaren Energien. Die Biomasse werde aber bald gleichziehen oder überholen. Wie beim fossil und atomar erzeugten Strom müsse man auch auf dem Sektor der Erneuerbaren einen guten Mix ansteuern.

Die Windkarte von Deutschland sei zu grob, um Aussagen über einzelne Standorte auf der Ostalb zu machen. „Wenn man sich auf sie verlässt, ist man verlassen“, so der Windkraftbegeisterte. Vielmehr gelte es genau hinzuschauen. Es gehöre viel Gefühl und Erfahrung dazu, die besten Standorte aufzuspüren. Gut sei auch, alte Bauern zu fragen oder sich nach Gewann-Namen zu richten, die oft Hinweise auf „windige Ecken“ geben. Ab 5 bis 5,3 Meter Windgeschwindigkeit bezogen auf Nabenhöhe sei eine Anlage lohnend.

Die Entwicklung der Windenergie in Deutschland sei nur durch Aufschläge finanziert worden. Die 60 Millionen Mark, die die Bundesrepublik bisher für Windkraft-Forschung ausgegeben habe, reichten gerade mal für fünf Anlagen. Dagegen sei die Atomkraft mit 69 Pfennig pro Kilowattstunde subventioniert worden, so der Referent Während bei  Stromerzeugungsanlagen auf Basis nicht erneuerbarer Energien immer ein negativer Erntefaktor (Mehrfaches der Anlagen- und Betriebskosten) gegeben sei, würden Windkraftanlagen einen rund 50-fachen Erntefaktor aufweisen.